Die schwierige Rückkehr der Luchse in Bayern

Durch Bayerns Wälder streifen derzeit etwa 70 Luchse (inkl. Jungtiere), das Hauptverbreitungsgebiet liegt im Bayerischen Wald. Deutschlandweit sind wir bei ca. 135 Tieren (Bayern, Harz, Rheinlandpfalz). Nicht nur illegale Abschüsse machen es den Pinselohren in Bayern schwer, auch der veraltete Managementplan von 2008 lässt keine aktive Wiederansiedlung zu - um den fragilen Bestand aufzufrischen.

© Christoph Bosch
Luchsfamilie

Die meisten Luchse leben im Bayerisch-Tschechisch-Österreichischem Grenzgebiet

Dabei sollten Luchse zu den beliebtesten Tieren der Welt gehören: Sie haben den Charme aller Katzen, sind grazil, hübsch anzuschauen und für den Menschen ungefährlich. Dass sie um 1900 herum trotzdem in West- und Südeuropa praktisch ausgerottet waren, lag in erster Linie an der damaligen Haltung gegenüber großen Beutegreifern.

Dass sie es heute noch immer nicht schaffen, in ihre angestammten Lebensräume zurückzukehren, liegt hauptsächlich an einigen wenigen schwarzen Schafen, die sie illegal – teils auf sehr grausame Art und Weise - töten. In ganz Europa dürfte es ca. 10.000 Luchse geben, die meisten davon in Skandinavien und Osteuropa.

Kleinem isolierte Populationen in Mitteleuropa, wie z.B. in den Schweizer Alpen, stammen allesamt aus Wiederansiedlungen, mit denen in vielen Ländern ab den 1970er-Jahren begonnen wurde. Bayern profitierte diesbezüglich von den Bemühungen Tschechiens, das in den 1980er-Jahren auf seiner Seite des Böhmerwaldes 17 Luchse auswilderte.

Da die Tiere ein großes Streifgebiet beanspruchen, sich aber nicht an Landesgrenzen halten, ist das bayerisch-tschechisch-österreichische Grenzgebiet, also der Bayerische Wald und der südliche Oberpfälzer Wald, bis heute das Areal mit den meisten Luchssichtungen hierzulande.

 

Jeder tote Luchs ist ein Verlust, der schwer auszugleichen ist

© GLUS
Luchs Alus wurde im September 2017 illegal umgebracht

Insgesamt wird die Bayerisch-Böhmisch-Österreichische Population auf 110 Tiere geschätzt. Jedoch wäre es dringend an der Zeit den Bestand mit „frischem Blut“ aufzufrischen, um die genetische Diversität zu verbessern.

Ein Blick zu unseren österreichischen Nachbarn lehrt uns: 2011/12 wurden dort drei Tiere aus der Schweiz angesiedelt, um den Bestand im Nationalpark Kalkalpen zu stützen. Dies führte zu Nachwuchs, aber 2015 brach der kleine Bestand wieder aufgrund zweier illegaler Abschüsse ein. Das verantwortliche Jägerehepaar musste für sein verbotenes Jagdvergnügen jeweils 12.000 Euro Schadenersatz zahlen.

Um den Verlust auszugleichen, wurden zwei neue Luchse in den Kalkalpen angesiedelt. Jetzt hofft man wieder auf Nachwuchs.

Illegale Abschüsse sind das, was die Rückkehr des Luchses am meisten behindert – bei den geringen Stückzahlen ist jedes getötete Tier ein Verlust, der schwer auszugleichen ist. Zudem mangelt es an einem bundesweiten und länderübergreifenden Management: Bayern tut definitiv zu wenig für die Wiederansiedlung.

Die Gregor Louisoder Umweltstiftung fordert daher das gezielte Freisetzen von Luchsen in geeigneten bayerischen Mittelgebirgen und im bayerischen Alpenraum. Mögliche Ersatzfreilassungen für illegal zu Tode gekommene Tiere, wie z.B. Alus (welcher 2017 getötet wurde).

Der Managementplan Luchs muss geändert werden, um dies zu legalisieren. Auch der Kampf gegen die illegale Jagd müsse weiterhin aufrecht gehalten werden und darf nicht einschlafen. Jedem verurteilten Täter muss mindestens der Jagdschein und die Waffenbesitzkarte entzogen werden.

Konflikt um Luchs: "Ersatzkrieg" zwischen Jägerschaft und Naturschutz?

© Ralph Sturm
Etwa 50 Rehe braucht ein Luchs im Jahr. Jäger schießen in Bayern dagegen rund 325.000

Das Jagd- und Fressverhalten des Luchses und seiner Beute ist es übrigens, das ihn mit manchen menschlichen Jägern in Konflikt bringt: Nicht nur sehen sich einzelne Jagdausübungsberechtigte durch die Jagdtätigkeit des Luchses um "ihre" Rehe betrogen, durch die größere Vorsicht des Wildes müssen sie angeblich oft auch mehr Zeit für einen erfolgreichen Abschuss investieren.

Am zahlenmäßigen Schaden dürfte die vereinzelte Antipathie nicht liegen: Rund 325.000 in Bayern (Tendenz seit 1990 steigend) jährlich geschossenen Rehen steht ein Jahresbedarf von 50 Rehen pro erwachsenem Luchs auf einer Fläche von 100 Quadratkilometern, rund 30 menschlichen Jagdrevieren, gegenüber.

Die Auseinandersetzung um das Schalenwild ist laut Dr. Angela Lüchtrath ein Ersatzkrieg zwischen Jägerschaft und Naturschutz. Lüchtrath (2011) erklärt dies damit, dass die Jägerschaft gegenüber dem Naturschutz viel Einfluss verloren hat, dass ihre positive Rolle in der Kulturlandschaft in Frage gestellt wird, und dass ihr immer mehr Kompetenzen entzogen werden.

In diesem Konflikt sei der Luchs zu einer Ikone des Naturschutzes geworden (Schraml & Heurich 2016). Die Jäger sähen im Luchs den „Handlanger“ einer Forstpolitik, die gegen ihre Interessen gerichtet sei. Mit der Ablehnung oder gar Tötung dieser Ikone träfen die Jäger das andere Lager (Forst und Naturschutz) insgesamt.

Luchse schaffen es nicht, die für sie günstigen Lebensräume zu besiedeln

Eine wissenschaftliche Studie von Heurich (2018) hat alle verfügbaren Daten des Luchsmonitorings ausgewertet und ist zu dem ernüchternden Ergebnis gekommen, dass das Vorkommen von Luchsen mit wachsender Entfernung von den Grenzen des Schutzgebietes rapide abnimmt, obwohl zahlreiche günstige Luchshabitate wie der Lamer Winkel existieren.

Die Luchse schaffen es also nicht, die Lebensräume zu besiedeln, die ihnen zur Verfügung stehen. Anders als bei Wölfen gibt es bei Luchsen keine innerartliche Aggression, auch der Straßenverkehr fällt als Todesursache kaum ins Gewicht. Neben der normalen Jungensterblichkeit ist daher die illegale Tötung der entscheidende Faktor, der die fragile bayerisch-tschechische Luchspopulation limitiert.

Dennoch hat der öffentliche und strafrechtliche Druck der letzten Jahre, das Medieninteresse und das wachsende Bewusstsein der Bevölkerung für die heimische Artenvielfalt Wirkung gezeigt.

Derzeit gibt es die meisten Luchse seit ca. 200 Jahren und darüber sind wir mehr als glücklich! Dennoch bleibt der kritische Erhaltungszustand dieser Tierart bestehen und unser Ziel ist, eine stabile, gut vernetzte Population, welche langfristig in ihrer ursprünglichen Heimat überleben kann.

Motive der Taten

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© Marcus Bosch

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