Greifvogelverfolgung auf Boarisch
Seit Anfang der 1970er Jahre gehören alle Greif- und Eulenvögel zu den „streng und besonders geschützten Arten“ und trotzdem werden hier bei uns in Bayern jedes Jahr eine hohe Zahl dieser faszinierenden Tiere illegal getötet. Zwar sind sie alle im deutschen Jagdrecht als jagdbare Arten aufgeführt, genießen jedoch eine ganzjährige Schonzeit, gemäß EU-Vogelschutzrichtlinie. Sämtliche in Europa vorkommende Greifvogel- und Eulenarten unterliegen sowohl dem Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes als auch der EU-Artenschutzverordnung. Sie dürfen nicht getötet, gefangen oder auf andere Art und Weise verfolgt werden. Jede Art der Nachstellung stellt eine Straftat nach §71 BNaSchG (neben TierSchG, BayJG) dar, die mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Typische Opfer sind Mäusebussard, Rotmilan oder der seltene Seeadler. Für einige Arten können Nachstellungen einen massiven Eingriff in die bestehenden Vorkommen bedeuten und existenzbedrohend wirken.
Das häufigste Opfer unter den illegal verfolgten Greifvögeln ist hierzulande der prächtige Rotmilan: Weltweit gibt es nur noch maximal 29.000 Brutpaare. Da ca. 50% davon in Deutschland brüten, tragen wir eine besondere Verantwortung für die Erhaltung dieser Art.
Greifvögel werden häufig als lästige Konkurrenz gesehen
Nach der deutschen Rechtslage drohen bei illegalen Tötungen hohe Geld- und Gefängnisstrafen, sowie Entzug des Waffen- und Jagdscheins. Eine lange Liste von Verdachtsfällen zeigen Vergiftungen oder nachgewiesenen Beschuss. Die Straftäter können jedoch meist nicht ermittelt werden und kommen ungestraft davon. Allein im Landkreis Cham sind seit 2017 60 Vögel illegal getötet worden.
Ein besonders provokanter Fall war ein Bussard, dessen Kopf und Füße gut sichtbar auf einem Parkplatz ausgelegt wurden.
Ein gängiges Gift um „unerwünschte“ Tiere zu töten, ist das hochtoxische Nervengift Carbofuran (Pestizid, EU-Verbot seit 2008): ein schwarz-bläuliches Granulat mit chemischem Geruch. Oftmals werden damit Fleischköder oder Eier („Gifteier“) präpariert. Auch Haustiere oder Kleinkinder sind gefährdet, an den giftigen Kügelchen zu naschen.
Vor allem Mäusebussarde und Habichte werden von vielen Geflügelhaltern und Jägern in Deutschland immer noch als lästige Konkurrenz empfunden. Tatsächlich stehen bevorzugte Beuteobjekte der Jäger wie etwa Rebhühner und Fasane oder eben Haushühner und Brieftauben auf dem Speisezettel heimischer Greifvogelarten.
Während es die einen dabei belassen, sich über die ungeliebten Tiere zu ärgern, greifen andere illegal zu Gift, Fallen und Schrot, um sich der Beutegreifer zu entledigen. Vor allem in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und bei uns in Bayern ist die Greifvogelverfolgung vielfach immer noch an der Tagesordnung.
Täter werden so gut wie nie erwischt
Bis in die 1970er Jahre hinein wurden Greifvögel in Deutschland legal bejagt und unterliegen noch heute dem Jagdrecht. Doch aufgrund ihrer Bedeutung für das Ökosystem und wegen der zum Teil dramatischen Bestandssituation einiger Arten wurden alle Greifvögel und Falken unter Schutz gestellt.
Die Palette der Methoden, mit denen Geflügelzüchter und Jäger Greifvögeln nachstellen, ist breit gefächert. In jagdlich intensiv genutzten Niederwildrevieren finden sich nicht selten mit Nervengiften getränkte Fleischköder, auf Sitzwarten wie z.B. Zaunpfählen montierte Tellereisen, geräumige Massenfallen oder eigens für den Greifvogelfang hergestellte Habichtfangkörbe.
In Wildvogelpflegestationen werden Jahr für Jahr zahlreiche Greife eingeliefert, in denen die Tierärzte Schrote oder Luftgewehrprojektile finden. Ganz Dreiste sägen einfach ganze Horstbäume um – im Zweifel während der Brutzeit mitsamt Jungvögeln!
Bevorzugte Opfer sind Mäusebussarde und Habichte. Die häufigsten Opfer von Giftköder sind jedoch die gefährdeten Rotmilane, welche in Mitteleuropa ihren weltweiten Verbreitungsschwerpunkt haben und somit ein existenzielles Problem haben: Der Vogel ernährt sich überwiegend von Aas und wird deswegen von Fleischködern magisch angezogen.
Aber auch Wander- und Turmfalken, Sperber und selbst Uhus leiden unter der illegalen Nachstellung.
Die Täter können dabei so gut wie sicher sein, nicht erwischt zu werden. Nur wenn die Wilderer in flagranti erwischt werden oder die Fallen auf eingezäunten Grundstücken gefunden werden, ist ein Gerichtsverfahren überhaupt denkbar. Aus NRW wissen wir, dass seit sich die Mitarbeiter des Komitees gegen den Vogelmord gezielt an Fallen mit Videokameras auf die Lauer legen, geht die Greifvogelverfolgung zurück. Gerichtsurteile mit vergleichsweise hohen Geldstrafen und dem Entzug des Jagdscheines zeigen nach und nach ihre Wirkung.